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Kategorie Studentische Initiativen
Ausgabe SoSe07 - 5
Autor Lars Strominski

Online-Dating allein macht nicht glücklich - Zu Besuch bei der Homosexuellen Unigruppe Braunschweig

Andere Schwule zu finden, mit denen man mehr teilt als nur die Gemeinsamkeit, dass man ebenso wie sie auf Männer steht, gestaltet sich oft gar nicht so leicht. Immerhin verfügen die schwulen Dating-Portale im Internet über detaillierte Suchmasken und bieten auch die Möglichkeit, sich einem der zahllosen Clubs anzuschließen, in denen sich Leute mit ähnlichen Berufen, Hobbies oder Interessen zusammenfinden. Doch häufig erweist sich die virtuelle Suche als Enttäuschung: Die Chats bleiben oft unverbindlich und enden zuweilen ebenso rasch, wie sie begonnen haben. Auch kann einem diese minimalistische Form der Kommunikation das persönliche Kennenlernen kaum ersetzen. Wer hingegen eher auf Begegnungen im wirklichen Leben setzt und als schwuler Student der TU nach anderen schwulen Studenten vor Ort sucht, ist wohl am besten bei der Homosexuellen Unigruppe Braunschweig aufgehoben.

Diese, kurz HUBS genannte Runde schwuler Studenten trifft sich jeden Mittwochvormittag zum Frühstück und verbringt regelmäßig zweimal im Monat einen Abend miteinander. Sie ist seit jeher an das Autonome Schwulenreferat der TU gekoppelt und wird vom jeweils gewählten Referenten geleitet. Marcus Macke, der hier seit 2003 Schwulenreferent ist, vertritt zudem die Belange schwuler Studenten vor der Universität und den studentischen Gremien. Er ist Ansprechpartner und Berater für alle Probleme homosexueller Studenten.

Wenn sich die HUBS im eigenen Raum im alten Amtsgericht in der Wilhelmstraße trifft, plaudert man aber nicht nur über Gott und die Welt oder plant die nächsten gemeinsamen Kino- und Partybesuche. Genauso oft wird nämlich auch über all das gesprochen und diskutiert, was einem gerade als jungem Schwulen auf den Nägeln brennt: seien es die jüngsten politischen Entwicklungen und ihre besondere Bedeutung für Homosexuelle oder aber ganz konkrete Fragen und Probleme, die einen persönlich angehen. Bei diesen Treffen werden auch die Ideen und Konzepte für die Aktionen der HUBS geboren, mit denen sie immer wieder auf die Präsenz von Schwulen in Alltag und Gesellschaft insgesamt, aber auch in Braunschweig und an der TU im besonderen aufmerksam macht. Natürlich sind HUBS und Schwulenreferat denn auch jedes Jahr beim Braunschweiger „Sommerloch“ und der Parade zum CSD dabei, und erst Ende März war das Schwulenreferat neben dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) Mitveranstalter einer Podiumsdiskussion zum Lebenspartnerschafts- und Allgemeinen Gleichstellungsgesetz hier in der Aula der TU.

Sicher hat sich mit der HUBS nie die ganze Zielgruppe erreichen lassen. Doch liegt es ihrem Selbstverständnis ohnehin fern, mit den anderen schwul-lesbischen Einrichtungen in Braunschweig zu konkurrieren. Im Gegenteil, die Kontakte zu ihnen sind mitunter eng, und hin und wieder kommt es auch zu gemeinsamen Projekten. Zudem sind die Treffen der HUBS und die festen Termine der Coming-Out-Gruppe "Turtles" bewußt aufeinander abgestimmt, damit sich beide Gruppen parallel besuchen lassen. Trotzdem kommt es aber durchaus vor, dass es im Raum der HUBS eng wird. Immerhin zählt deren aktuelle Mailinglist an die 70 Namen, und von einem festen Stamm von etwa dreißig Studenten lassen sich beim Frühstück stets zwischen fünf und zehn Leuten blicken. Die HUBS ist also alles andere als eine geschlossene Gesellschaft immer gleicher Gesichter. Jeder Interessierte ist eingeladen vorbeizuschauen: gleich ob er erstmal nur auf Tuchfühlung gehen will, Kontakte knüpfen möchte oder vielleicht sogar plant, sich im Rahmen der HUBS zu engagieren.

Das Schwulenreferat und die HUBS sind längst legendär an der TU. Alles begann in den frühen 80er Jahren, als sich die ersten Schwulenreferate an deutschen Hochschulen gründeten und damit auch die Schwulenbewegung insgesamt an weiterem Fahrtwind gewann. Damals fand sich auch in Braunschweig ein lebhafter Haufen streitbarer schwuler Studenten zusammen, die vehement für Akzeptanz und Gleichberechtigung Homosexueller eintraten und auf die Einrichtung eines Schwulenreferates an der TU pochten. Ihr Bemühen war letztlich erfolgreich, und so entstand 1983 das Braunschweiger Schwulenreferat als das drittälteste der Bundesrepublik.

Heute, knapp 25 Jahre später, ist zwar vieles gewonnen, aber noch längst nicht alles erreicht. Sicher ist es für viele junge Schwule heute leichter als zuvor, sich im Familienkreis und vor Freunden zu outen und ihre Homosexualität auch an der Uni relativ offen leben zu können. Die verbalen Anfeindungen aber, denen sich die Schwulenreferenten vor wenigen Jahren ausgesetzt sahen, und die antischwulen Schmierereien beim letzten Braunschweiger CSD zeigen hingegen, wie virulent alte Vorurteile gegenüber Homosexuellen immer noch sind. Auch verschlug es einem bei der Lektüre der letzten Ausgabe der BUZe fast den Atem, als dort von einem Interviewten zu lesen war, wie er allen Ernstes Lesben und Schwulen empfahl, sich doch um die „Heilung“ von ihrer Homosexualität zu bemühen. Zum Glück sind solche Haltungen selten. Doch auch wenn es mittlerweile die sogenannte Homo-Ehe gibt, so kann dies allenfalls ein Anfang der rechtlichen Gleichstellung von schwulen Partnerschaften sein. Und ob das gesellschaftliche Klima in nächster Zeit weitere Initiativen für die Gleichberechtigung Homosexueller begünstigen könnte, ist wohl eher fraglich. Denn angesichts der aktuellen Renaissance traditioneller Werte und des aufkeimenden Bedürfnisses nach Rückbindung des Einzelnen an Ehe, Familie und Religion fragt man sich schon, welche Rolle schwule Lebensentwürfe dabei überhaupt spielen können.

Lars Strominski


Die Internetpräsenz der HUBS findet ihr hier.