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Kategorie Politik
Ausgabe WS0708 - 8
Autor Johannes Gütschow

Boykott 2008: Erneuter Boykott - erneutes Scheitern

Vor einem Jahr wurden zum ersten mal für alle Studierenden an der TU allgemeine Studiengebühren fällig. Einige Studierende, hauptsächlich der AStA, organisierten damals einen Boykott, der zwar in der Bevölkerung viel positives Feedback bekam, bei den Studierenden aber nur auf mäßige Beteiligung stieß. Nur etwa 500 Studierende entschlossen sich zum Boykott. Über die Gründe wurde viel spekuliert. Sind Studiengebühren akzeptiert? Hatten viele Angst, exmatrikuliert zu werden oder ihre 500 € auf dem Treuhandkonto zu verlieren? Geht es den Studierenden schlichtweg finanziell so mies, dass sie zum Stichtag Ende Januar einfach keine 500 € auftreiben konnten, oder bezahlen sowieso Mama und Papa? Ein wenig mehr Licht in das Dunkel dieser Spekulationen könnte die Umfrage zu Studiengebühren und der erneute Boykottversuch im Wintersemester 07/08 bringen. Zeit auch für die BUZe, wieder einen Blick auf das Thema Studiengebührenboykott zu werfen.

Demo in Hannover am 25.1.08

Nachdem es im Sommersemester keinen Boykott gegeben hatte, wollte der neue AStA im Wintersemester wieder einen Versuch starten. Angesichts der Landtagswahlen sollte das Thema Studiengebühren so noch einmal in die Öffentlichkeit gebracht werden. Aus dem Verfehlen des Quorums beim letzten Versuch wurde der Schluss gezogen, dass die Hürde, 500 € auf ein Treuhandkonto zu überweisen, einfach zu hoch und die Angst vor Exmatrikulation zu groß gewesen sei. Der neue Boykott sollte symbolischer Natur sein: Nur 500 Cent sollten auf ein Treuhandkonto gezahlt werden, der Rest ordnungsgemäß an die Uni. Wie 2006 sollte eine Vollversammlung über den Boykott entscheiden. Schon deren Besuch war eher ernüchternd, das AudiMax war nicht einmal halb voll. Trotzdem wurde der Boykottversuch gestartet.

„Studiengebühren haben entgegen den Behauptungen der Landesregierung zu einem drastischen Einbruch der Studierendenzahlen geführt“, erklärt Garnet Alps vom AStA. „Die seit Jahren fortschreitende Unterfinanzierung der Hochschulen darf nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Gebühren für Kitas und Meisterschulen gehören ebenso abgeschafft wie die für ein Studium. Deshalb fordern wir den freien Zugang zu Bildung und die Rücknahme des Gebührengesetzes“, fügt Bernward Schönteich, ebenfalls vom AStA, hinzu. Tatsächlich gibt eine Statistik des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Niedersachsens einen Rückgang der Studierendenzahlen vom Wintersemester 05/06 zum Wintersemester 06/07 von über 800 Studierenden an. Neuere Statistiken sind noch nicht verfügbar.

 

Demo in Hannover am 26.1.08

 

Auch die Ablehnung der Studiengebühren durch die Studierenden wurde durch den AStA thematisiert. Anstatt sie nur zu postulieren, wurde gemeinsam mit dem AStA der Uni Hannover eine Umfrage durchgeführt, an der sich in Braunschweig knapp 800 Studierende beteiligten. Sie ergab eine Ablehnung von 58,8% an der TU, nur 18,4% stimmten Studiengebühren zu, der Rest war unentschlossen oder uninteressiert. Die Umfrage ergab außerdem, dass sich 47% der Studierenden wegen Studiengebühren finanziell einschränken und 31% mehr arbeiten (Mehrfachnennungen waren möglich). Für 35% hingegen hat sich die Einführung von Studiengebühren kaum oder gar nicht ausgewirkt. Einigkeit herrschte bei der Frage, was zu tun sei, wenn die 500 € nicht für eine tiefgreifende Verbesserung der Lehre reichen würden: 77% der Befragten äußerten, dass mehr Mittel vom Land eingefordert werden sollten. 7% wollten die Studiengebühren erhöhen. Interessant ist auch die Meinung zum Boykott. Zwar gaben nur 17% an, den Boykott zu befürworten, aber 41% hielten ihn für effektiv, glaubten aber nicht, dass sich genug beteiligen würden. Das ergibt ein Boykottpotenzial von bis zu 58% der Befragten. Allerdings nur unter der Annahme, dass diejenigen, die den Boykott für effektiv hielten, ihn auch befürworteten.

Am Ende beteiligten sich nur wenig mehr als 100 Studierende – trotz Änderungen am Modell ein noch schlechteres Ergebnis als vor einem Jahr. Dabei wurde nicht nur das Modell geändert, sondern auch die Aufmachung des Boykotts. Ein Transparent mit der Botschaft „Schakke-line, komm wech von die Bildung, Du Arsch! Boykott jetzt! - Studiengebühren abschaffen!“ sollte - prominent am Altgebäude aufgehängt - die Mitglieder der StudiVZ Gruppe „Schakke-line, komm wech von die Regale, Du Arsch!“ ansprechen und gleichzeitig auf die „zunehmende Bildungsarmut“ hinweisen. Für Diskussionen sorgte der Spruch immerhin, doch nicht alle waren begeistert. „Dem ernsten Thema Studiengebühren mit solch plumpen Sprüchen zu begegnen, ist von einfacher Stammtisch-Quasselei nicht zu unterscheiden“, entrüstete sich Johannes Kenkel, Student der Physik, über den neuen Ansatz zur Mobilisierung. Doch selbst, wenn er für die Mehrheit der Studierenden an der TU spricht, ist das noch kein Grund für die miserable Beteiligung am Boykott.

 

Das umstrittene Transparent

 

Auch an der Uni Hannover ist der Boykott erneut gescheitert, nur 1040 von benötigten 5000 Studierenden beteiligten sich. Hier mit dem altbekannten 500 € Boykottmodell. Auch dort ergab eine Umfrage unter 2600 Studierenden eine Ablehnung von Studiengebühren bei über zwei Dritteln der Befragten. Noch am Freitag vor der Landtagswahl demonstrierten etwa 2000 Menschen – hauptsächlich Studierende – in Hannover gegen die Bildungspolitik der Landesregierung. Auch aus Braunschweig waren etwa 50 Studierende mit dabei.

Mit möglichen Ursachen für die geringe Beteiligung setzt sich der Kommentar auseinader.