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Buschlinger ist sauer
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Der Nestbeschmutzer
Kategorie Buschlinger ist sauer
Ausgabe WS0708 - 7
Autor Wolfgang Buschlinger

Eva Hermans Karfreitag

Eva Herman hat eine ganz schön große Macke. Und dennoch werde ich hier eine Lanze für sie brechen. Dass Eva Herman diese große Macke hat, das ist sicher, da beißt keine Maus keinen Faden nicht ab. Wer nur einmal an ihren ‚Visionen’ geschnuppert hat, der bemerkt den Geruch des Verstaubten recht rasch an den Bausteinen ihrer Gartenzwerg-Idylle: ländliche Einfalt, feste Werte, tradierte Frauenrolle. Gewöhnlich heißt es in solchen Fällen: „Lasst Sie doch einfach reden. Solange Sie uns nicht in diesen ihren Gottesdienst zwingt.“ (Und das tut sie nicht.) – Allein, bei Eva Herman ist alles anders.

Was geschehen war? Eva Herman wurde – durchaus mit ihrem Zutun – aus der Gemeinschaft der Rechtschaffenen exkommuniziert. Es war ausgerechnet der deutsche Extrem-Katholik Johannes the B.aptist Kerner, der mit dem Rausschmiss aus seiner Show das karfreitägliche „Kreuzigt Sie!“ medienadäquat in das 21. Jahrhundert übersetzte. Nach diesem Rausschmiss ist aus der ehedem nur verstaubten Eva Herman jetzt das geworden, wonach die rechte Szene, die Bild-Zeitung, das ZDF und viele andere anscheinend gieren: eine moderne Magda Goebbels im Format einer Tagesschau-Sprecherin. (Und blond ist sie auch noch!)

Welche Mechanismen da gegriffen haben? Die Antwort lautet: So einige, doch ich nehme hier nur einen besonders mächtigen und abgeschmackten heraus. Er folgt dem Schema: Wer nicht gegen Eva Herman ist, der ist für sie – ein altbekanntes Schema, man kennt es sowohl aus der Karfreitags-Schilderung des Johannes-Evangeliums als auch aus Erklärungen der Amerikanischen Regierung.

Es ist unnötig zu sagen, dass diese Maxime für unsere Welt zu plump und zu einfach ist. Es ist allerdings nötig zu sagen, welche zwei wichtigen Konsequenzen die Maxime hat. Erstens: Die in der Gemeinschaft der Willigen, die lassen sich zu unglaublichen Diffamierungen hinreißen. Beispiel ZDF: Die Online-Redaktion titelte zum Rausschmiss: „Umstrittene NS-Äußerungen der Autorin führen zu Eklat.“ Wohlgemerkt: „NS-Äußerungen“! Jedoch, „NS-Äußerungen“ hatte Eva Herman bei aller Dummheit nun wirklich nicht von sich gegeben. Später wurde der Titel dann still und leise umgewandelt in „Umstrittene Äußerungen“, was nicht mehr nach NS klingt und auch nicht mehr nach drohendem Rechtstreit. – Man fragt sich, wo da denn die Sorgfaltspflicht des ZDF geblieben war, oder genauer gesagt, man fragt sich das schon lange nicht mehr. Denn liegt das Opfer erst einmal am Boden, dann haut man einfach weiter und weiter drauf. Moderner Umgangston eben, also nichts Neues.

Zweitens. Es gibt niemanden mehr, der im Angesicht solcher Diffamierung an die Seite der Herman springt. Und davon könnte es so einige geben. Tatsächlich nämlich ist die Menge jener, die weder für noch gegen Eva Herman sind, nicht leer, sondern beträchtlich. Allein: Die Menge schweigt. Die Menge tut nichts. Sie tut nichts, weil Eva Herman ihr entweder egal ist oder weil man doch nicht ernsthaft jemanden wie Eva Herman verteidigen kann. Warum man sie nicht verteidigen kann? Nun ja, bekanntlich ist doch jeder, der nicht gegen Eva Herman ist, für Eva Herman, denn Eva Hermann ist ja jetzt eine moderne Magda Goebbels. – Zugestanden, niemand hat im Falle Eva Hermans diesen Satz jemals geäußert. Und doch, der Mechanismus dieses Satzes greift trotzdem und unheimlich. Eben weil Diffamierungen, die mit „NS“ beginnen, entsprechende Anti-Reflexe nach sich ziehen.

Deshalb wird Eva Herman hier und jetzt von mir verteidigt. Nicht ihre Thesen, sondern ihr Anspruch darauf, sagen zu können, was sie im Rahmen der Gesetze sagen darf. Halten wir fest: Eva Hermans Thesen sind nicht juristisch angreifbar, eher sind das schon die Angriffe auf sie. Eva Herman hat nämlich keine NS-Äußerungen getätigt. Halten wir genauso fest: Eva Herman hat verstaubte Ansichten und versteht es zudem nicht zu reden. Das ist alles. Was daraus folgt? Nichts. Jeder in diesem Staat hat das Recht darauf, für beides nicht gekreuzigt zu werden. Jeder in diesem Staat hat das Recht auf eine gehörige Portion Dummheit. So ist das nun einmal. Im Falle des Umgangs mit Eva Hermans bedeutet das: die Kirche im Dorf zu lassen. Und das heißt vor allem: Der Umgang mit ihr muss wieder vernünftig werden.

Nietzsche meinte einmal über Jesus, der sei wirklich kein Genie, sondern ein Idiot. Nietzsche verstand unter einem „Idioten“ einen Privatmann im altgriechischen Sinne, eine Person, die sich nicht um politische Dinge kümmert und nur ihr eigenes Feld beackert. Nietzsches Diktum gilt abgewandelt auch für Eva Herman. Auch Eva Herman ist wahrlich kein Genie. Aber eine Rechte ist sie deswegen noch lange nicht. Sie ist im alten Sinne einfach nur eine Idiotin, eine Privatfrau. Mehr nicht. Und als solche verteidige ich sie hier. Das ist meine Pflicht, und das ist mir allemal lieber, als hinterher meine Hände in Unschuld zu waschen. Für mich war Pilatus neben Herodes immer die ekelhafteste Person im Evangelium, ein Mann ohne Rückgrat, ein Täter. Und so einer wollte ich nie sein.

Wolfgang Buschlinger