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Kategorie Regionales
Ausgabe SoSe06 - 1
Autor Martin Försterling

Endlich: Schäbiger Garnisonsfriedhof weicht modernem Redaktionsgebäude

Seit Jahren drängt die TU Braunschweig auf eine Umgestaltung des Garnisonsfriedhofs neben der Mensa Katharinenstraße, und dieser Tage scheinen die Planungen in die finale Phase übergegangen zu sein. Die Umgestaltung des unter Anwohnern und Studenten aller Couleur seit langer Zeit als Schandfleck verschrienen Friedhofs, in dessen düsteren, ungepflegten Ecken der Unrat sich meterhoch türmte, war unzählige Semester verzögert worden, da diverse Parteien sich nicht auf eine gemeinsame Zukunftsvision zu einigen vermochten. Nun gilt es als gesichert, dass der Friedhof einem „BUZe-Center“ genannten Gebäudekomplex weichen soll. Das Center soll der Sitz der Braunschweiger Uni-Zeitung, kurz „BUZe“, werden, aber u.a. auch die Gleichstellungsberatung und das Amt für Auswärtige Studien beherbergen. Mit der Verpflichtung von Prof. Dr. Misohyl, eines renommierten tschechischen Architekten, haben die Braunschweiger Planer einen großen Wurf getätigt. Dabei ist Misohyls Entwurf angelehnt an die non-konformen, eindringlichen Visionen eines Norman Fosters, der schon für Repräsentationsbauten wie die Reichtstagskuppel und den Frankfurter Commerzbank Tower verantwortlich zeichnete. Ein ebenso kühnes wie prägsames Zeichen in Richtung Fortschritt und Aufbruch will Misohyl in Braunschweig errichten, „einen Tempel des Wissens, eine neue Ästhetik in Glas und Stahl“. Laut Misohyl sei der Entwurf „eine konsequente Weiterentwicklung der scharfkantigen Modernität, die die Aicherschen Grafikregeln mit der verbalen Knappheit eines Ludwig Leo amalgamiere“.

Währenddessen erhebt sich, wie nicht anders zu erwarten, der misstönende Chor der ewiggestrigen Nörgler und Quengler, um einen Schritt vorwärts zugunsten einer modrigen, längst überkommenen Vergangenheit zu behindern. Beispielsweise drohte die Burschenschaft Brandenburgia, bekannt höchstens durch ihr energisches „Nein“ gegen die EU-Verfassung, mit Sitzstreiks und -blockaden, sollten die Pläne der Verwaltung bestehen bleiben. So formulierte Christian Guthsmuth, Sprecher der Brandenburgia: „Einer der wenigen wahren deutschen Helden, der Bezwinger der Herero, Generalleutnant Lothar von Trotha, schläft seit 1920 auf dem Garnisionsfriedhof den Schlaf der Heroen und Gerechten. Diese Ehre wurde Braunschweig zuteil. Jetzt soll stattdessen ein Zentrum für die dekadente Lokaljournaille entstehen? Daran lässt sich der Zustand dieses Landes wohl am besten ablesen.“

Auch bei den Grünen des Landes regt sich Widerstand gegen die Pläne. In der üblichen sauertöpfischen Weise antwortete die niedersächsische Sprecherin für Naturschutz & Denkmalpflege, Cybelia Wittgen-Schmidt, auf die Nachfrage dieser Zeitung: „In einer Region, in welcher die Rotaugendrossel so akut vom Aussterben bedroht ist, käme es einem ökologischen Holocaust gleich, den Garnisionsfriedhof in Schutt und Beton zu begraben.“ Ein williges Forum fanden all diese Proteststimmen in einer Sonderausgabe der Braunschweiger Zeitung vom 15.04.2006, die sich damit nicht nur des duckmäusrigen Opportunismus’ und Popularitätsgeheisches schuldig macht, sondern so auch eine aufkeimende Konkurrenz im Keim zu
ersticken sucht. Es bleibt zu hoffen, dass die Braunschweiger Bürger sich von solcherlei Meinungsmache nicht beeinflussen lassen, und dass die hiesige Studentenschaft nicht von ein paar Quertreibern in ihrem Wachstum behindert wird.
Martin Försterling