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Kategorie Aus den Fakultäten
Ausgabe WS0607 - 4
Autor Fabio Reinhardt

Geht der Master-Plan auf? - KTW, OrWi und Lehramtsmaster auf dem Prüfstand

Überall spricht man von der Pisa-Studie, dem Bologna-Prozess und der BA/MA-Umstellung. Auch an der TU sind die italienischen und englischen Vokabeln längst keine Framdwörter mehr. Bachelor-Studiengänge wurden bereits an allen Fakultäten eingeführt, und die neuen Studienformen erfassen damit Zug um Zug immer größere Bereiche der TU. Die neuen Master-Studiengänge waren bisher nur an den Fakultäten 1-3 und auch da oft noch als Alternative zu den Diplomstudiengängen zu beobachten. Oder aber als besonders exotische Gewächse wie dem englischsprachigen „Master for Computational Science and Engineering“ (CSE), bei dem 66 der 73 Studienplätze von Ausländern belegt sind. Viele der technischen Bereiche lassen sich da mehr Zeit mit der Umstellung – die Ingenieure gar bis 2009.

Einführung der drei neuen Masterstudiengänge

Während in manchen Fachbereichen aber noch gespült wird, ist die Feier in den Fakultäten 6 und 8 schon in vollem Gange. Zum Sommersemester wurden drei neue Master-Studiengänge an der TU eingeführt: Der Master „Kultur der technisch-wissenschaftlichen Welt“ (KTW) mit elf Studierenden, der Master für „Organisationskultur und Wissenstransfer“ (OrWi) mit 23 und der normale Lehramtsmaster mit 89 Studierenden, der entweder auf Grundschul-, Haupt- und Realschul- oder gymnasiales Lehramt studierbar ist. Alle drei Studiengänge erstrecken sich über vier Semester (bis auf den Master für Grund- und Realschule, welcher nur zwei Semester dauert) und werden mit einer Masterarbeit abgeschlossen. Voraussetzung ist jeweils ein Bachelor- oder äquivalenter Abschluss. Die Entstehungsgeschichte der Studiengänge, die doch einen erheblichen Einsschnitt in den geistes- und sozialwissenschaftlichen fachwissenschaftlichen Studiengängen bedeutet, ist nicht ganz einfach. BUZe traf sich mit Studierenden und Initiatoren der neuen Studiengänge, um einen besseren Einblick in die Hintergründe, Ursachen und Probleme der Einführung zu bekommen

Wer wann wo und mit wem?

Während der Lehramtsmaster quasi von Anfang an feststand, mussten sich die Geisteswissenschaftler nach einem vernünftigen Weg umschauen, einen eigenen Master zusammenzustellen, der ihren Vorstellungen nahe käme, zugleich aber auch möglichst hohe Chancen zur Akkreditierung haben würde. Diese Möglichkeit bot sich durch eine Kooperation mit den Naturwissenschaften. Nachdem sich die Geisteswissenschaften bereits erfolgreich an den Mann gebracht hatten, standen die Erziehungswissenschaften der Fakultät 6 unter Druck, den Master noch im Sommersemester 2006 einzuführen, da dann die erste Bachelorgeneration abschließen sollte. Dagegen hätten sich die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Fakultät 8, ab April zusammen mit den Mathematikern zur Carl-Friedrich-Gauß–Fakultät (1) zusammengelegt, ruhig noch mehr Zeit lassen können, da ihr „Bachelor für Integrierte Sozialwissenschaften“ erst im letzten Sommer eingeführt wurde. „Es war jedoch klar“, erklärte Professor Menzel, der an der Planung seitens der Fakultät 8 beteiligt war, „dass nicht jedes Fach seinen eigenen Master haben kann. Dafür sind die Kapazitäten ganz einfach nicht ausreichend.“ Die Art der Zusammenschneidung sei dann, so Menzel weiter, aus der Notwendigkeit heraus entstanden, Kompromisse einzugehen.

Der OrWi – Ein Kompromiss mit Klassenfeeling

Und so entstand der OrWi aus einer Kooperation der beiden Fachbereiche 6 und 8. Während die Thematik des Studienganges Sozialwissenschaften (=Organisationskulturen) und Pädagogik (=Wissenstransfer) gleichermaßen berücksichtigen soll, besteht aber der Löwenanteil mit 20 der 23 neuen Master-Studierenden – wie erwartet werden konnte – aus Erstfach-Bachelorn der Pädogogik, die von den sozialwissenschaftlichen 50 Prozent des Studienganges nicht immer nur angetan sind. Nach einer Angleichung der Wissensstände im ersten Semester diene das folgende Jahr, so verrät uns die Webseite, der Spezialisierung in einer der beiden Bereiche. Qualifizieren soll der Studiengang für Tätigkeiten in jeder Art von Organisation. Zum Beispiel Unternehmen, Parteien, NGOs, Kirchen und Verbände. Professor Menzel äußerte sich im Interview äußerst idealistisch, dass seine Schützlinge später erfolgreich in Bereichen wie innerbetrieblicher Weiterbildung, so betonte er, beispielsweise bei VW-Coaching, unterkommen würden. Einen eher realistischer Standpunkt vertritt dagegen Reinhard Böhm von der Zentralen Studienberatung (ZSB). Für ihn stellt es sich so dar, dass trotz aller Änderungen auch weiterhin die Suche nach besetzbaren Nischenbereichen in der Arbeitswelt auf die Absolventen der Geistes- wie auch der Sozialwissenschaften wartet.

Brücke zwischen den Kulturen?

Der Vorsatz des KTWs, die Brücke zwischen den Geistes- und Kulturwissenschaften auf der einen Seite, Technik- und Naturwissenschaft auf der anderen zu schlagen, ist ein löblicher. Doch wie weit her ist es damit? „Ich sehe im Moment das Ziel des Studienganges, nämlich die Kluft zwischen den zwei Kulturen zu schmälern, noch nicht so klar. Zur Zeit ist das doch noch ein recht theoretischer Ansatz“, sagt eine ehemalige B.A.-Studentin (Germanistik/Anglistik). Dabei gilt es allerdings einzuräumen, dass der Studienplan erst für das zweite und dritte Semester die Belegung zweier Module in den technisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten vorsieht – ob der Blick „über den Tellerrand“ gelingt, bleibt also vorerst offen. Ebenso bleibt abzuwarten, inwieweit die angestrebte Einbindung von Absolventen aus den Technik- und Naturwissenschaften in den von der Fakultät 6 konzipierten Studiengang dauerhaft gelingt. Nach BUZe-Informationen befindet sich unter den 11 KTW-Studierenden des ersten Semesters lediglich ein Naturwissenschaftler. „Ich persönlich habe den Studiengang gewählt, weil es der einzige fachwissenschaftliche Abschluss in den Geisteswissenschaften ist“, erklärt die bereits oben zitierte Studentin. Lässt man den ebenfalls neu geschaffenen OrWi und den auslaufenden Magister einmal außen vor, ist diese Aussage korrekt. Denn Fakt ist: Seit diesem Semester besteht an der TU nicht mehr die Möglichkeit, sein Studium ausschließlich den Geisteswissenschaften zu widmen. Die Zeiten, in denen man je nach Interessenlage, persönlichen Fähigkeiten und Herzenslust Anglistik, Geschichte, Politik, Soziologie, Germanistische Linguistik und Literaturwissenschaft etc. kombinieren konnte, sind unwiderruflich vorbei.

Wunsch nach mehr Harmonie zwischen den Fachbereichen

Für alle drei Studiengänge gilt gleichermaßen, dass sie im Sommersemester unter einem hohen Erwartungsdruck und mit vielen Unklarheiten begannen. Während die Studierenden des Lehramtsmasters ihre Prüfungsordnung immerhin schon wenige Wochen nach Beginn des Studiums in Händen halten konnten, warten die OrWis bei Redaktionsschluss der BUZe 01/07 am 01. Februar noch immer auf selbige. Aufgrund der kurzen Dauer des Studienganges sei es aber notwendig, sich frühzeitig um Plätze für Praktikum und Masterarbeit zu bemühen. Und dies, so die Kritik einiger Studierender, sei durch die fehlenden Richtlinien erschwert. Auch die schlechte Kommunikation zwischen den Fakultäten wurde bemängelt. Wenn man sich mit Dozenten in einem Fachbereich auf eine Vorgehensweise einige, hieße das nicht automatisch, dass dies auch im anderen gelingt. Deswegen wurde ausdrücklich ein Wunsch nach mehr Harmonie zwischen den Fakultäten geäußert.

Kooperationsvertrag in Planung

Beim Lehramtsmaster fand die Anmeldung für die meisten Kurse bereits in den Semesterferien statt - also noch vor Erscheinen der PO. Dafür musste man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ort in die Kurslisten eintragen - ohne Möglichkeit einer online-Einschreibung oder anderen Alternativen, die sicherlich eine praktische Ergänzung zur bisherigen Lösung darstellen würden. Dementsprechend wurde diese Flexibilität auch eindeutig von Studierenden gefordert. Die strengen Einschreibungsfristen führten auch zu der absurden Situation, dass ein Psychologiekurs im Vorlesungsverzeichnis stand, jetzt aber droht, nicht anerkannt zu werden. Dieser werde nicht von der Psychologie, sondern von pädagogischen Psychologie veranstaltet. Und da bedürfe es schließlich eines Kooperationsvertrages. Es bleibt zu hoffen, dass dieser rechtzeitig fertig ist, bis die Lehramtsstudierenden ihre Klausurergebnisse wiederbekommen, damit sie die erworbenen Credits dann auch tatsächlich angerechnet bekommen.

Ministerium verlänget Fristen für Referendariate

Ein entscheidendes Problem wurde aber bereits aus der Welt geschafft. Die Bewerbungsfristen für das Referendariat, eine Pfichtübung für alle zukünftigen Lehrer, waren bisher so rigide, dass man sich erst nach Abschluss des Studiums im August 2007 auf eine Stelle im Mai 2008 bewerben konnte. Im Klartext hieß dies, 9 Monate in der Schwebe zu sein. Mittlerweile kann man jedoch die freudige Nachricht bekanntgeben, dass die Frist für die TU-Studierenden verlängert wurde, sodass eine Bewerbung nun auch zum November 2007 möglich ist. Professor Orth, Studiendekan der Fakultät 6, erklärte dazu: „Seit ca. 3 Jahren bemühen wir uns seitens der Universität um eine Veränderung des Referendariatsbeginns. Erfolglos. Nun haben offensichtlich Studierende und Eltern beim Ministerium Druck gemacht, und unerhofft schnell kam die Terminverschiebung zustande. Ich bin sehr froh darüber, hat doch all mein Tun in den vergangenen Jahren in dieser Richtung nicht gefruchtet“. Nur am Rande sei erwähnt: Es beruhigt zu sehen, dass die Studierenden in Bereichen, die ihnen wirklich wichtig sind, doch noch in der Lage sind, sich Gehör zu verschaffen.

Noch Verbesserungpotential vorhanden...

Obwohl die neuen Master-Studiengänge noch ein enormes Potential an Verbesserung mit sich bringen, merkt man den sie betreuenden Dozenten auf jeden Fall die Bereitwilligkeit an, auf die Wünsche der Studierenden einzugehen und ihnen in weiten Bereichen entgegenzukommen. Dass der Grat zwischen Kulanz und einem gewissen Verlust an Glaubwürdigkeit manchmal recht schmal ist, gehört vermutlich zu den Erfahrungen, die man in einem neuen Studiengang erst einmal sammeln muss. Der Lehramtsmaster hat mit der Verlängerung für die Referendariatsfristen bereits sein erstes großes Hindernis überwunden. Die Komplikationen durch die mangelnde Kenntnis der Prüfungsordnung beider Seiten werden sich hoffentlich bald legen. Währenddessen wird der OrWi, der ansonsten ein sehr interessantes Profil bietet, aber noch ziemlich genau drei Jahre brauchen, um seinen Kinderschuhen, nämlich der unausgewogenen Zusammensetzung der Studierenden, zu entwachsen. Mit der Einführung des KTW beschreiten die Uni im Allgemeinen und die Geisteswissenschaften im Besonderen neue Wege, die zumindest dem Profil einer Technischen Universität zuträglich sind. Ob sich dies bezahlt macht, wird in Zukunft die Anzahl der Immatrikulierten zeigen.

Folko Damm/Fabio Reinhardt

 

Hier gehts zu den vollständigen Artikeln über OrWi und den Lehramts-Master.