Menu:

Kategorien


Internationales
BUZe kontrovers
Feuilleton
Studentische Initiativen
Im Gespräch mit...
Politik
Sonstiges
Aus den Fakultäten
Rezensionen
Regionales
Editoriale
Buschlinger ist sauer
Studentenleben
Der Nestbeschmutzer
Kategorie Rezensionen
Ausgabe SoSe06 - 1
Autor Johannes Kaufmann

Stanislaw Lem: Die Sterntagebücher

Wer Science-Fiction mag, sollte Lem lesen. Alle anderen auch. Bei den Sterntagebüchern handelt es sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, die in Form von Reiseberichten über die Erlebnisse des Weltraumpiloten Ijon Tichy erzählen. Auf seinen räumlichen wie zeitlichen Reisen durch das Universum stolpert er von einer Absurdität in die nächste. In Lems typisch philosophisch-ironischem Stil dreht sich jede Erzählung um einen zentralen Gedanken, der bis zu seinem oft bizarren Ende durchdacht wird. Ob intelligente Waschmaschinen, die bald nicht mehr vom Menschen zu unterscheiden sind, oder Form und Aussehen eines Volkes, das die plastische Chirurgie bis zur Perfektion beherrscht, stets beginnt es mit einer einfachen, nachvollziehbaren Idee und endet mit ihrer unvorstellbaren, aber zwangsläufigen Konsequenz. Die Stimmung der Geschichten variiert dabei von komisch-unterhaltsam bis düster-nachdenklich. Wer also schon immer erfahren wollte, wie das Universum entstand, warum man nicht lügen sollte, wenn man sich bei einer Zeitreise selbst begegnet und wer eigentlich unsere Weltgeschichte zu verantworten hat, dem seien die Sterntagebücher dringlich ans Herz gelegt.

 

Der optimistische Pessimist – Ein Nachruf auf Stanislaw Lem

"Menschen sind schrecklich und die Zukunft düster", sagte Lem einmal in einem Interview vor fast zehn Jahren. Kritisch war er immer gewesen. Den Fortschrittsoptimismus anderer Größen des Genres wie Isaak Asimov konnte er nicht teilen. Das Leitmotiv seiner phantasievollen Zukunftsvisionen bildete die tiefe Skepsis gegenüber dem technologischen Fortschritt und seinem Einfluss auf den Menschen: „Egal, in welchen Raum sich der Mensch begibt, er nimmt sich immer selbst mit“. Entsprechend stand die Psyche des Menschen im Zentrum seiner Erzählungen. Er wollte der Menschheit den Spiegel vorhalten, und so schrieb er in seinem bekanntesten Roman Solaris: „Wir brauchen keine anderen Welten, wir brauchen Spiegel“. Trotz der Skepsis war in den Werken Lems die Hoffnung auf eine andere Menschheit zu finden, sonst hätte er diese Bücher wohl nie geschrieben. Als er diese Hoffnung im Alter verlor, wandte der Autor der Science-Fiction, die er über Jahrzehnte geprägt hatte, den Rücken und widmete sich der Veröffentlichung philosophisch-technischer Essays. Etwas Positives, über das sich zu schreiben lohnte, konnte er in der Zukunft der Menschheit nicht mehr sehen.

Lem verstarb am 27. März 2006 im Alter von 84 Jahren.