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Kategorie Studentenleben
Ausgabe SoSe06 - 2
Autor Anke Baer

Studentenleben - Bachelor-Master-Fehde

Als wir das erste Mal vom „Bachelor" hörten, waren wir uns über die korrekte Aussprache unsicher, bis uns eine Fernsehshow auf die Sprünge half. Damals fanden wir die Sendung furchtbar. Unser Urteil lautete: schlecht. Heute sind wir selbst Bachelor und Bacheloretten und fühlen uns... genau, schlecht. In unserem ersten Semester an der Universität fiel uns nach und nach auf, dass wir irgendwie bei den älteren Studiengängen, den Magistern und Lehrämtern, verhasst zu sein schienen. Spätestens als wir uns das erste Mal trauten, in einem Seminar laut eine Frage an einen - in unseren Augen - übermenschlichen Dozenten zu stellen und diese sich dann auf die berühmt-berüchtigten Formulare bezog, waren wir „geoutet“ und vernahmen leises bis sehr lautes Stöhnen in den Reihen der Nicht-Bachelor, welches wir uns zunächst nicht erklären konnten. Waren wir nun besonders blöd und hatten irgendeine unausgesprochene Fragenkonvention nicht beachtet? Darf man einem ehrwürdigen Professor überhaupt mit so einer lächerlichen Frage die Zeit stehlen? Wir waren ratlos. Nach und nach bemerkten wir, dass dieses Stöhnen immer lauter wurde, je öfter wir verzweifelt versuchten herauszufinden, wann wir wo welches Formular abzugeben hatten. Hinter uns hörte man es tuscheln: „Diese ganzen Bachelor gehen mir so auf die Nerven!" Durfte man also Fragen an das „Wunderwesen Universitätslehrkraft“ stellen, aber nur, wenn diese von bachelorfreiem Inhalt waren? Verstört und eingeschüchtert nahmen wir uns vor, in Zukunft nur noch per E-Mail nachzufragen und den Nörglern hinter uns von nun an besser aus dem Weg zu gehen. Unser erstes Semester verstrich, wir hatten mittlerweile den Überblick über alle Formulare verloren und hofften einfach darauf, die richtigen schon an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt abgegeben zu haben. Wir ackerten uns durch unsere ersten Universitätsklausuren und schriftlichen Arbeiten, immer von der Angst verfolgt, eine schlechte Note zu schreiben und - dem kursierenden Gerücht nach - mit einem Schnitt von 2,6 nicht weiterstudieren zu dürfen. Schlimmstenfalls fielen wir durch und bekamen Panik, unseren zweiten Freiversuch ebenfalls nicht zu bestehen und unsere drei dritten Versuche komplett im ersten Semester verbraten zu müssen. Wir kamen durch und wir waren erleichtert, teilweise zumindest. Nun hatten wir gehört, dass wir uns für die Seminare im nächsten Semester in Listen eintragen mussten. Also standen wir vor den Teilnahmelisten, ordneten Module entsprechenden Veranstaltungen zu und hörten es hinter uns zischeln: „Da gehe ich nicht hin, da sind ja nur Bachelor!". Wir seufzten leise und warteten mit dem Eintragen, bis hinter uns keiner mehr stand, damit niemand sah, dass wir „BA" in die Spalte für den Studiengang schrieben. Uns war spätestens jetzt bewusst: Wir waren unbeliebt. Wir hatten zwar alle in der Schule die neuen Siebtklässler erstmal ignoriert, um ihnen unsere Überlegenheit zu demonstrieren, aber hier waren wir scheinbar nicht einfach nur die „Freshmen“. Traurig schlichen wir nach Hause, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Aber wir hatten dazu gelernt. Wir stellten inzwischen nicht mehr allzu viele Formularfragen, da wir gemerkt hatten, dass es nicht nur uns schwer fiel, einen Überblick zu behalten. Wir wussten jetzt, Dozenten waren keine Überwesen und man konnte durchaus normal mit ihnen sprechen. Und wir beneideten die alten Studiengänge darum, dass sie im Laufe eines Semesters weniger Leistungen erbringen mussten als wir. Mittlerweile wussten wir aber auch, warum man uns nicht mochte. Wir hatten Vorrang in einigen Veranstaltungen, weil sie für uns zwingend notwendig waren, um die nachfolgenden Module belegen zu können. Wir kamen in großen Scharen in die Seminare, weil wir so viele waren. Für unsere ganzen Prüfungsleistungszuordnungen benötigten wir fast eine ganze Sitzung, und dumme Fragen stellten wir auch immer noch. Die Tatsache, dass die verschiedenen Bachelorjahrgänge alle zu verschiedenen Prüfungsordnungen studieren und jeder andere Leistungen zu erbringen hat, machte es nicht gerade leichter. Aber wo wir unsere Noten übers Studium verteilt bekommen, haben die Magister und die „alten“ Lehrämter Zwischenprüfungen und damit geballten Lernstress, der uns in dieser Form erspart bleibt. Wenn sie ein Seminar belegen müssen, um einen geforderten Schein zu bekommen und dieses genau einem Bachelormodul zugeordnet wird, können die Dozenten oftmals nicht so arbeiten, wie es in höheren Semestern möglich wäre. Und wenn die Bachelor auftreten, werden derart viele Leistungen verteilt, dass man nur selten die Themen abbekommt, die man sich gewünscht hätte, weil zu große Konkurrenz herrscht. Im Grunde geht es keinem von beiden besser oder schlechter, trotzdem wird auf beiden Seiten immer von „denen" geredet anstatt von „uns". Aber da müssen wir durch und zwar alle. Wir beneiden sowohl die Magister als auch die „alten“ Lehrämter oft, aber wir wissen auch um die Vorteile unseres Studiengangs. Inzwischen sind wir drei Bachelorjahrgänge und fühlen uns nicht mehr ganz so verloren in all dem Formularchaos. Und auch wenn Ihr älteren Studiengänge nach und nach weniger werdet, habt ihr immer noch den „Älteren-Bonus", wir werden für Euch weiterhin die „Kleinen" bleiben. Wir Bachelor wollen niemandem etwas Böses, schon gar nicht Euch als unseren Kommilitonen, und wir sind auch ganz normale Menschen. Wie die Dozenten.