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Kategorie Studentische Initiativen
Ausgabe WS0607 - 3
Autor Timo Jünemann

Segelfliegen an der TU Braunschweig

„Eine Flugmaschine zu erfinden bedeutet nichts, sie zu bauen nicht viel, sie zu fliegen ist alles!“ Diese Worte stammen von Otto Lilienthal, einem Pionier der deutschen Flugzeugentwicklung. Die Akademische Fliegergruppe Braunschweig (kurz: Akaflieg) eifert Lilienthal seit nunmehr fast 85 Jahren nach und konstruiert, baut und fliegt ihre eigenen Flugzeuge. Sesshaft am Flughafen Braunschweig bietet die unmittelbare Nähe zum DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und zur Start- und Landebahn optimale Bedingungen für das studentische Segelfliegen, zumal auch viele ehemalige Mitglieder der Akaflieg beim DLR oder anderen flugtechnisch relevanten Institutionen und Firmen als Mitarbeiter untergekommen sind. Die Gruppe selbst besteht aus mehreren Aktiven, die oftmals im Rahmen von Studien- oder Diplomarbeiten an der ständigen Verbesserung und Neukonstruktion von Segelfliegern arbeiten. Möglich wird dies durch die räumlichen Gegebenheiten: Sowohl die Werkstatt als auch der Hangar und die Gemeinschaftsräume sind unmittelbar nebeneinander angesiedelt. Die Ehemaligen unterstützen die Mitglieder der Akaflieg ebenfalls: Sei es nun durch technisches Know-How, durch Geld- oder Sachzuwendungen oder aber dadurch, dass sie nicht mehr benötigte Segelflieger in Pflege nehmen. Die Ergebnisse können sich bis dato sehen lassen: Momentan angekommen beim Model „SB-15“ hat die Gruppe seit ihrer Gründung es immer wieder geschafft, die Grenzen des Möglichen zu erweitern. Beispielsweise war das ehemalige Flagschiff und wohl bekannteste Model der Gruppe, die „SB-10“, jahrelang das größte Segelflugzeug der Welt und konnte einige Flugrekorde für sich verbuchen. Besonders auffallend ist auch die „SB-13“: Als schwanzloses Segelflugzeug konzipiert ergaben sich beim Bau viele Schwierigkeiten, die die Gruppe aber letztenendes erfolgreich beiseite schaffen konnte.


Bis es allerdings zu oben genannten Erfolgen kommen konnte, hatten die Mitglieder der Akaflieg eine wechselvolle Geschichte, in der vor allem der Nationalsozialismus und die Zeit der Neugründung hervorzuheben sind. Bis zum Jahre 1933 hatte die Gruppe trotz ihrer sehr jungen Geschichte bereits drei Segelflugzeuge („SB-1“, „SB-2“ sowie die „SB-3“) konstruiert und gebaut. Ferner wurden zwei Motorflugzeuge realisiert – die „MB-5“ und die „MB-12“. Die Intention hinter diesem Ausflug in das motorisierte Fliegen lag darin, dass durch eine eventuelle Nutzung der Motorflugzeuge zu wirtschaftlichen Zwecken Geld für den Segelflugbetrieb verdient werden sollte. Nach der Machtergreifung 1933 wurde die Gruppe gezwungen, sich aufzulösen und ging in der Ortsgruppe des Deutschen Luftsportverbandes auf. Vier Jahre später konnte nach Verhandlungen erreicht werden, dass sich die ehemaligen Akaflieger sowie interessierte Studenten in der Flugtechnischen Fachgruppe (kurz: FFG) der Technischen Hochschule Braunschweig organisieren durften. Von dem Zeitpunkt an konnte dann das Tagessgeschäft wieder aufgenommen werden. Arbeiten für die Planung und Realisierung der „SB-4“ wurden aufgenommen, allerdings mussten diese Bemühungen, ebenso wie das Segelfliegen allgemein, aufgrund feindlicher Flugzeuge zunächst reduziert und letztenendes gänzlich aufgegeben werden. Zum Ende des Krieges hin versuchte man durch einen Teilebau für den „Volksjäger HE-162“ das Überleben der Werkstatt zu sichern (zur Erklärung: Beim „HE-162“ handelt es sich um ein weitestgehend aus Holz bestehendes Düsenjagdflugzeug). Bei Kriegsende wurden sämtliche Flugzeuge und Einrichtungen der Gruppe zerstört, fortan galt ein Verbot welches den Bau und das Fliegen von Flugzeugen untersagte.


Die Geschichte der Akaflieg setzt sich erst im Jahre 1950 fort – bedingt durch ein zufälliges Treffen von Ehemaligen, welches am 30. Mai 1951 in der Zulassung als akademische Vereinigung mündete. Seitdem haben die Mitglieder viele Erfolge verbuchen können, mussten allerdings auch Rückschläge und tragische Unglücke hinnehmen. Eine im Nachhinein wohl als eher lustig einzustufende Anekdote ereignete sich Anfang 1966: Ein Gruppenmitglied hatte während eines Überlandfluges augenscheinlich nicht beachtet, wohin es eigentlich genau flog und landete so letztenendes im Gebiet der ehemaligen DDR. Der Pilot musste ohne sein Fluggerät die Heimreise antreten. Diesbezüglich gilt es auch noch zu erwähnen, dass die Öffnung des innerdeutschen Luftraums und der Wegfall der Grenze die Möglichkeiten der Akaflieg immens erweiterten. So konnte man nun auch unbeschwert in östlicher gelegene Gefilde fliegen. Heutzutage dominiert wieder das fleißige Planen, Konstruieren und Fliegen.


Der Alltag der aktiven Mitglieder besteht demzufolge eben nicht nur darin, die Modelle zu fliegen, die die Vorgänger gebaut haben, sondern in vielen Arbeitsstunden die Grundlagen für die Weiterentwicklung der Akaflieg und ihres Flugparks zu schaffen. Neueinsteiger brauchen dabei keine Angst zu haben: Sowohl das Fliegen als auch die im Vorfeld durchzuführenden Arbeiten werden ihnen beigebracht. Wer nun also Lust bekommen hat, das Segelfliegen näher kennen zu lernen und vielleicht sogar studienrelevante Inhalte damit zu verbinden, der kann entweder an den Einführungsveranstaltungen der Gruppe teilnehmen, oder aber einfach direkt die Gruppe kontaktieren. Nähere Informationen unter: http://www.akaflieg-braunschweig.de/