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Kategorie Politik
Ausgabe WS0708 - 8
Autor Johannes Gütschow

Es mangelt an Perspektive - ein Kommentar zum Studierendenprotest

Die Studierenden geben mehrheitlich an, gegen Studiengebühren zu sein und den Boykott für ein effektives Mittel zu halten. Doch beteiligen tun sie sich nicht. Wieso nicht? Die 500 € als Hürde scheiden als Grund aus, denn in Braunschweig ist die Beteiligung noch stärker eingebrochen als in Hannover, wo am 500 € Modell festgehalten wurde. Auch die Angst vor Exmatrikulation kann nicht der Grund sein, denn an einem symbolischen Boykott kann man sich selbst dann beteiligen, wenn man den vollen Betrag an die Uni überweist. Das ist dann zwar kein Boykott mehr, erfüllt aber seinen Zweck als Protestaktion noch genauso. Mangelnde Informationspolitik kann man dem AStA kaum vorwerfen. So viele AStA-Infos und Infostände wie in diesem Semester gab es schon lange nicht mehr. Auch eine Argumentation, die bei Boykottbeteiligung gleich eine Unterschrift zur Unterstützung der nächsten Revolution suggeriert, gab es nicht.


Eine Hauptursache müssen also die Studierenden selbst sein. Trotz der boykottfreundlichen Umfrageergebnisse, scheint der Glaube an sein Gelingen und die Bereitschaft, etwas dazu beizutragen, nicht vorhanden zu sein. Trotz Studiengebühren, verschulten Studiengängen und schlechtem Wetter: Wer die fünf Minuten zum Ausfüllen der Boykotterklärung nicht erübrigen kann, will auch nicht boykottieren. Studiengebühren scheinen, wenn auch nicht befürwortet, so doch akzeptiert zu sein. Der schnelle Abschluss des Studiums als Investition in die eigene Zukunft ist offensichtlich wichtiger als die Ablehnung der Studiengebühren.


Meiner Meinung nach ist eine Ursache des erneuten Scheiterns des Boykotts die allseitige Politikverdrossenheit und politische Perspektivlosigkeit. Kaum jemand glaubt daran, dass man wirklich etwas verändern kann. Wer es doch versucht, wird durch abgelehnte Volksbegehren, Grünen-Abgeordnete, die sich über Parteitagsbeschlüsse hinwegsetzen und ähnliches schnell eines besseren belehrt. Dazu kommt, dass aktuelle Kontroversen in der Bildungspolitik reine Abwehrkämpfe sind. Studiengebühren sollen abgeschafft werden. Doch vorher war es auch alles andere als gut. Eine fundamentale Kritik des Uni-Alltags, geschweige denn der Gesellschaft, fehlt. Damit fehlt erst recht eine Utopie; eine Idee, wie das Leben an der Uni und allgemein besser werden könnte. Es ist auf die Dauer ermüdend und nicht besonders innovativ nur gegen etwas zu kämpfen. Um Verbesserungen zu erreichen, müssen auf Basis der Kritik am Bestehenden eigene Ideen entwickelt werden. Wenn es um das Engagement für etwas Besseres geht, werden sich vielleicht wieder mehr Studierende politisch engagieren. So lange nur Abwehrkämpfe ausgefochten werden, ziehen sich die meisten offensichtlich in ihren persönlichen Kampf für einen schnellen Abschluss zurück.